15. Oktober 2005   -   Erfurt, Alte Oper
"Niedecken liest und singt Bob Dylan"

Ein Bericht von Stefan Klatt

Im Schatten des Meisters – Chronicles

Die Bühne noch dunkel, es erklingt Musik, dann sind Bilder zusehen – ein Mann betritt die Bühne mit Gitarre und Mundharmonika. Er tritt ans Mikro und spielt einen Song von Bob Dylan. Danach setzt er sich und beginnt zu lesen. Wolfgang Niedecken wird im Laufe des Abends diese eine Rolle spielen, und er spielt sie gut – fast zu gut, so dass ich mich immer wieder frage, ist es nun Dylan selber, der da spricht und singt, oder ist es W. N. aus K., der diesen Abend genau nach Protokoll bestreitet, als ob der Meiser irgendwo im Raum die ganze Sache überwacht. Wenn es die Rolle Bob Dylan neu zu besetzen gäbe, Wolfgang Niedecken wäre die beste Wahl dafür. Nicht, dass ich von dem Abend enttäuscht bin, nein es entsprach genau meinen Erwartungen. Die Leseproben sind sehr informativ, ja zum Teil auch unterhaltsam. Und was die Musik betrifft, so ist aus Dylans Songs – dargeboten nur mir Gitarre und Mundharmonika - nicht mehr herauszuholen. Niedecken singt sie mit einer Stimme, die mich immer wieder an den Will vom Schlagzeitenalbum erinnert (Unter welchen Umständen die Aufnahme entstanden ist, steht ja in den warmen Worten.). Die Auswahl der Songs zeigt einmal mehr, wie viel Dylan (bewusst und unbewusst) in manchen BAP-Songs steckt. Da lerne ich an diesem Abend sehr viel neues dazu. Die richtige Stimmung will an diesem Abend erst aufkommen, als Wolfgang den Mantel ablegt („Jetzt darf ich auch mal was sagen.“) und seine Muttersprache wieder die Oberhand bekommt. Eine Strophe „Wie ‚ne Stein“ in Kölsch – und dann Schluss.
Ich denke, es ist doch Bob Dylan, der an diesem Abend auf der Bühne steht, denn Wolfgang Niedecken begrüßt für gewöhnlich seine Fans zu Beginn und hat auch ein paar erklärende Worte zu der Tatsache, dass ein technischer Defekt den Beginn um fast eine Stunde verzögert. Doch über allem liegt der Schatten des großen Idols...