20 Jahre BAP
von Benedikt Bruene
Sommer 1977, ein Feldweg zwischen Köln und Bonn: Drei gut gelaunte Musiker fahren zum Proberaum raus aufs Land. Plötzlich umzingeln schwerbewaffnete Polizisten die Ente, in der sie sitzen. Die Stimmung kippt. Aussteigen, Hände aufs Autodach. Am Tag der Entführung von Arbeitgeber-Chef Hans Martin Schleyer hält die Polizei die drei für RAF-Terroristen, getarnt als langhaarige Hippies zwischen Gitarren und Bierkästen. "Die Situation schwankte zwischen ernster Bedrohung, Angst und absoluter Lächerlichkeit", erinnert sich später der eine von ihnen: Wolfgang Niedecken, damals Kunststudent und Zivildienstleistender. Nebenbei schrieb der junge Mann kölsche Verse, die aus seiner Band BAP Mitte der achtziger Jahre einen der gefragtesten Live-Acts Deutschlands machten. Hits im Stil von "Verdamp lang her" und "Kristallnaach" brachten platinveredelte Platten und ausverkaufte Tourneen. Die Ente hatte schnell ausgedient. Heute fahren die Herren von BAP in Nobelkarossen vor, und - so ändern sich die Zeiten - im vergangenen Oktober erhielt Niedecken für sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz. Ob er´s annehmen sollte? "Ich habe mich nicht mit Imageberatern unterhalten", sagt Niedecken kurz vor der Veröffentlichung der 20-Jahre-Jubiläums-CD "Comics & Pin-ups". Nach Gesprächen mit Familie und Freunden kam er zum Schluß: "Es ist okay, wenn man sowas mal annimmt." Die Begründung, schließlich gehöre man zu der Generation, die weltweit die einzige rot-grüne Regierung etablieren konnte, treibt Wasser auf die Mühlen derer, die das nicht so okay finden. Viele Anhänger mußten erstmal verdauen, daß der kritische Linke mit Bundespräsident Herzog im Fernsehen über den deutschen Einigungsprozeß plauderte. Oder daß seine Band am 3.Oktober in Hannover mit Gerhard Schröder und den Scorpions zum Benefizkonzert aufspielte. Mittlerweile habe er gar die "Aura einer Landplage", rümpft mancheiner die Nase (taz). Andere liegen besser im Trend: Westernhagen ist direkter, Grönemeyer moderner, und Campino macht als Bürgerschreck immer noch die beste Figur. Und Niedecken? In der Spaßkultur der Neunziger kommt das kölsche Bob-Dylan-Imitat doch recht ernst daher. Selbst Bandmitglied Axel Büchel (Piano) vermißte den Klamauk der Anfangsjahre, als BAP-Konzerte mit der Tagesschau-Melodie begannen und Percussionist Manfred "Schmal" Boecker mit dem Hollandrad über die Bühne eierte. Dennoch: Wolfgang Niedeckens BAP hat ein stolzes Alter erreicht. 20 Jahre hat die erste Platte "...rockt andere kölsche Leeder" auf dem Buckel. Elf Studioalben, zwei Live-Scheiben, mehr als 150 Songs und über tausend Konzerte bedeuten auch einen Grund zum Feiern, findet die Plattenfirma. Als Geburtstagspräsent an die BAP-Fans gibt´s 13 neue Songs in schönem Geschenkpapier: Tarzan, ängstlich und korrekt gekleidet, und die forsche, attraktive Jane schweben an einem Baukranseil durch den Kölner Nachthimmel. Ein Cover, das neugierig macht auf die Musik und - nach einem ersten Reinhoeren in die Platte, nicht zu viel versprochen hat.