WOLFGANG NIEDECKEN
"Spuren"

"Ohne Titel"                 "Politbild IV"                 Installationsansicht

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Zwei Texte von Oliver Kobold
Text 1    Text 2

Verdamp lang her…
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Marianne Hoffmann, 05.09.2004

Am 5. September 2004 wird BAP das fünfte Konzert auf dem Bonner Museumsplatz zwischen Bundeskunsthalle und Kunstmuseum geben. Das hat schon beinahe Tradition. Frontmann Wolfgang Niedecken ist auch aus diesem Grunde am 25. August eine besondere Ehre der Stadt Bonn zuteil geworden. Er trug sich in das goldene Buch der Stadt Bonn ein. Und um die Ehrung vollkommen zu machen eröffnete die Bundeskunsthalle eine Ausstellung des studierten Bildenden Künstlers Wolfgang Niedecken. Denn wer weiß schon, dass Niedecken malt?
Niemand. Außer so renommierten Galerien wie Inge Baecker in Köln oder Hans Mayer in Düsseldorf. Dort hat Niedecken ausgestellt, bei Inge Baecker gehört er zum festen Programm. In dem Werkzyklus „Liebe Inge, schöne Grüße II“ schreibt Niedecken Postkarten nach Köln an seine Galeristin, bittet sie die Vorderseiten der Postkarten zu fotografieren. Aus diesen Postkarten, den Polaroids und verschiedenen Tageszeitungen hat Niedecken einen Werkzyklus von einer Tournee durch Nicaragua 1987 künstlerisch festgehalten. Das alles im Sinne von Fluxus, dieser Kunstrichtung um Maciunas zu der sich der Künstler immer hingezogen fühlte. Heute ist diese frühe Arbeit ein Zeitdokument aus einer anderen Welt. Von einer ganz anderen, nie zustande gekommenen Tournee, berichtet die Arbeit „Flaschenpost“. In Flaschen gesammelte Fanpost , die Briefmarken fein säuberlich auf die Flaschen aufgeklebt, zu jedem Brief eine weiße Feder hinzugefügt, berichtet über die Enttäuschung der damaligen DDR Bürger, dass BAP nicht auftreten konnte. Aus „Erichs Lampenpalast“ kam damals die Meldung, dass BAP nicht bereit war unter einer blauen Fahne mit einer weißen Taube aufzutreten. Das alles jedoch ist ein Gerücht. Niedecken berichtet, dass die durch 14 Städte in der DDR geplante Tournee schon ausverkauft war, als sie abgesagt wurde. FDJ Mitglieder wollten vor dem Auftritt der Band den text“ Deshalb spielen wir“ sehen, indem BAP ihre Solidarität zur inoffiziellen Friedensbewegung „Schwerter zu Flugscharen“ zum Ausdruck brachten. Die Tournee war zu ende bevor sie begonnen hatte. Spuren der Vergangenheit von 1984.
Zu Recht der Titel der Ausstellung: „Spuren(suche)“. Auch für Niedecken. Es ist für ihn mit Wehmut behaftet, dass der Musiker vor den Maler Niedecken tritt. Heute fehlt ihm die Zeit , die Kraft sich immer wieder der Kunst zu widmen. Es berührt ihn sichtlich vor seinen Werken zu stehen und sich zu erinnern, wie sie einst entstanden sind. Er forscht nach den Inhalten, nach den Erinnerungen und alles hängt immer wieder mit BAP zusammen. Doch manchmal waren es scheinbar banale Dinge, die den Künstler inspirierten. Die gedrechselten Stützen des Treppengeländers seines alten Hauses. Zu Schade um sie wegzuschmeißen. Aus ihnen wurde „Akropolis“. Ein langer Arbeitsprozess, dass Bild brauchte drei Jahre bis zur Vollendung. (1990-1993). Es erinnert ihn an die kunstgeschichtliche Vermittlung der verschiedenen Säulen , die es nicht nur bei Kirchenbauten gibt. Ob es dorische oder korinthische sind. Er möchte sich da nicht festlegen.
Wenn Niedecken malt wird es haptisch. Er bevorzugt es Sand der Farbe beizumischen, Reliefs auf der Leinwand oder Holzplatte entstehen zu lassen. Erinnerungen allenthalben. Stuckleisten zieren den amerikanischen Tisch, die jedoch Erinnerungen an das Severinsviertel in Köln sind und so gar nichts mit Amerika zu tun haben. In der Türkei sammelte er Bonbonpapiere und fügte sie zu einer bunten Collage zusammen, in Griechenland waren es farbige Stöcke, die zur Bootsbemalung gebraucht wurden, die er am Strand auflas. Das sit Spurensicherung, ebenso, wenn er politisch wird. So kennt man ihn aus seiner musikalischen Arbeit mit BAP. Ob er sich für Minderheiten in Deutschland einsetzt (Arsch huh- Konzert 1992) oder für Afrika ins Feld zieht, und sogar 2004 Botschafter für das Projekt „Gemeinsam für Afrika“ wird. In seinen politischen Bildern vereinigt er noch einmal die Namen Marx, Lenin oder Engels und ihre politischen Entwürfe beleuchtet von einer trüben Glühbirne, gehalten von alten Seilen bis auch sie Erinnerung werden.
Hat Niedecken früher noch im Hotelzimmer Skizzenbücher angelegt, schreibt er heute Tagebuch. Auch Collagen finden sich darin und Zeichnungen. Im Herbst zum Buchmarkt in Frankfurt werden sie erscheinen. Aus ihnen entstehen heute keine neuen Kunstwerke mehr. Jetzt dienen sie als Ideensammlungen für neue BAP-Alben. Und auch wenn Hans Mayer ihn drängt neue Arbeiten zu machen, die Zeit und die Angst sich zu verzetteln, wie er selber sagt, hindern ihn Bildender Künstler zu sein.
Doch immerhin, was einst beim Weinschörlchen nach den Konzerten in Bonn angedacht war, wurde mit dieser Ausstellung umgesetzt. Circa 20 Arbeiten, zum Teil aus Privatbesitz zum Teil aus Museen belegen: dat is alles: Verdamp lang her.

 

Kunst - und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn

Ausstellungsdauer:
27.08. - 19.09.2004

Öffnungszeiten:
Dienstag und Mittwoch von 10 bis 21 Uhr
Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 19 Uhr
Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßigt 3,50